Entwicklung

Keine öffentlichen Toiletten in der Hauptstadt

Prishtina ist möglicherweise die einzige Hauptstadt auf dem Balkan, die die hygienischen Voraussetzungen für eine Metropole nicht erfüllt. Prishtina fehlt die elementarste Infrastruktur, vom öffentlichen Verkehr bis zu den Toiletten.

Zymer Hasanaj von Suhareka war am Montag in die Hauptstadt gekommen, um für seinen Enkel ein paar Dokumente machen zu lassen. Er sagt, jedes Mal, wenn er nach Prishtina komme, stehe er vor einem Problem, denn er habe ein gewisses Alter und leide ausserdem an Prostatabeschwerden, doch gebe es keinen Ort in der ganzen Stadt, wo er zur Toilette gehen könnte.

“Stell dir vor, da kommen Leute von weit her, und müssen, um einem physiologischen Bedürfnis nachzukommen, Hotels und Restaurants betreten, ohne dass sie eigentlich etwas konsumieren wollen. Und die da von den Behörden … die mit ihren Stempeln und Apostillen … die lassen dich nicht hinein bei ihnen. … Ich habe wirklich ein Problem!” erklärte Hasanaj gegenüber Albinfo.ch.

Die Hauptstadt von Kosovo ist vielleicht die einzige Hauptstadt im ganzen Balkan, die die sozialen und hygienischen Voraussetzungen für eine Metropole nicht erfüllt. Obwohl es die Absicht der politisch führenden Kreise war, Prishtina zu einem wichtigen regionalen Zentrum zu machen, fehlt der Stadt die elementare Infrastruktur, angefangen vom Verkehrswesen (Trams) bis zu den öffentlichen Toiletten.

Das grösste Problem für Auswärtige aus anderen kosovarischen Ortschaften sind die WC’s, denn es ist kaum eines zu finden in der Stadt, vor allem im Stadtzentrum. Die Leute müssen, auch wenn sie für private Angelegenheiten unterwegs sind, in irgendein Café gehen und gezwungenermassen einen Macchiato trinken, nur um die Toilette benutzen zu können.

Andere WC’s gibt es nirgends im Zentrum. Dieses Scheitern wird der nun seit fünfzehn Jahren bestehenden Verwaltung, aber auch der früheren Zwangsverwaltung angelastet. “Besser ist es zum Beispiel in Prizren, wo es mehrere öffentliche Toiletten gibt, die von der Gemeinde gut unterhalten werden”, erklärte Hasanaj aus Suhareka.

Laut den Antworten, die albinfo.ch auf Nachfrage erhielt, gibt es in Prishtina gerade mal an drei vier Orten Toiletten.  “Eine ist bei der Unterführung im Quartier Pejton, eine im Kultur- und Sportzentrum Pallati i Rinisë (und ist für die Mitarbeiter des Zentrums bestimmt), und eine weitere beim Busbahnhof – es ist ja auch natürlich, dass es Toiletten gibt, da wo Menschen reisen”, berichtet Zeqir Gashi, ein alteingesessener Einwohner von Prishtina.

“Es ist nicht so, dass es in Prishtina keine Kultur der öffentlichen Toiletten gäbe. Hier gibt es das Hamam, das in der Zeit des Osmanischen Kaiserreichs erbaut wurde, und das den Vorübergehenden auch als Bad und Toilette diente. Die öffentlichen WC’s wurden erst in neuerer Zeit entfernt, früher gab es sie”, erklärte Gashi.

Arben Veseli, ein Einwohner von Prishtina, sagt, dass es in der Hauptstadt keine öffentlichen Toiletten gebe, mache Prishtina, um ehrlich zu sein, zu einem unkultivierten, rückständigen Ort.

“Ich glaube, nicht einmal in den Städten Afghanistans könnten Sie einen urbanisierten Raum finden, der nicht über öffentliche Bedürfnisanstalten verfügt. Wir Einwohner hatten Vertrauen in die Regierung von Shpend Ahmeti, doch auch bei ihm zeigt sich, dass er offenbar gar nichts gelernt hat im Ausland. Der Mangel an öffentlichen Toiletten macht Prishtina nicht nur zu einer unsauberen Stadt, sondern auch zu einer ungastlichen, zu einer abweisenden Stadt, die dir einen schlechten Nachgeschmack hinterlässt”, erklärte er.

Miranda Mullafazliu Bejta ist Medienbeauftragte der Regierung des Stadt- und Gemeindepräsidenten von Prishtina, Shpend Ahmetis. Sie sagte, im Gemeindebudget 2015 sei kein eigener Betrag für das Projekt öffentlicher Toiletten in der Hauptstadt vorgesehen.

“Trotzdem ist die städtische Gemeinde daran, geeignete Örtlichkeiten zu prüfen, die in Zukunft für die Errichtung von öffentlichen WC’s in Prishtina genutzt werden können”, sagte sie.

Die vorherige Prishtinaser Stadtregierung unter dem jetzigen Ministerpräsidenten Isa Mustafa hatte ein Projekt für den Bau einer öffentlichen WC-Anlage auf dem Zahir-Pajaziti-Platz, zu der Zeit, als der Nëna-Teresa-Platz gebaut wurde. Doch wurde diese Angelegenheit politisiert, nebst einer Petition der Quartierbewohner hatte sich auch das Umweltministerium der Gemeinde (Stadt Prishtina) entgegengestellt.

Ebenso entstand auch einem anderen Projekt – es hätte eine öffentliche Toilette in der Nähe des Regierungsgebäudes erbaut werden sollen – Widerstand von den damaligen Parteien der politischen Opposition, aber auch von den Bewohnern.

Davon abgesehen bleibt Prishtina weiterhin ohne öffentliche Toiletten, und Menschen, die ein dringendes Bedürfnis verspüren, müssen schauen, dass sie sich zurückhalten können, bis sie sich hinter irgendeinem Container oder allenfalls im Stadtpark erleichtern können.