Gesundheit

Der Arzt, der dem Westen den Rücken kehrte und zurück nach Kosova kam

Während über 70% der befragten jungen Ärzte auswandern und in Kliniken im Ausland arbeiten möchten, kehrte Dr. Armend Sadiku nach Kosova und brachte seine ganze Erfahrung und sein ganzes Vermögen in die alte Heimat zurück. Er versucht dort, ein neues Leben anzufangen.

 

Er bereut keine Entscheidung, die er in seinem Leben getroffen hat. Auch nicht die Entscheidung, die besten Kliniken der Welt zu verlassen, um nach Kosova zurückzukehren und dort sein Dienst zu leisten. Kosova ist das Balkan-Land, in dem pro Kopf am wenigsten in das Gesundheitssystem investiert wird.

Der junge Dr. Armend Sadiku hat in den bekanntesten deutschen Kliniken spezialisiert. Er spricht exklusiv für albinfo.ch über die Beweggründe für seine Rückkehr nach Kosova. Sadiku kam nach Kosova nach seiner Spezialisierung in Gynäkologie, Geburtshilfe und im Bereich minimalinvasive Chirurgie – während es viele kosovarische Ärzte ins Ausland zieht.

„Das Medizinstudium begann ich in Prishtina. Nach 3 Semestern ging in nach Österreich in Graz“, erzählt Dr. Sadiku. In Wien erhielt Armend Sadiku sein Doktortitel. Dr. Sadiku ist der einzige albanisch-stämmige Arzt, der bei der Deutschen Gesellschaft für Endoskopiefachberufe aufgenommen worden ist.

Schüler von Dr. Holthaus, einem der besten Experten für minimalinvasive Chirurgie

Seit Mai 2005 bis Mitte 2015 spezialisierte Sadiku in vier renommierten deutschen Kliniken, in Neubrandenburg, Bremen, Osnabrück und Damme. „In der Klinik für Gynäkologie wurde ich zum Abteilungsleiter und Stellvertreter von Dr. Holthaus ernannt – einem der besten Experten für minimalinvasive Chirurgie“, erzählt Sadiku.

Schon seitdem er ins Ausland ging, hatte er das Ziel, zurück nach Kosova zu kommen. “Es ist von Anfang an mein Ziel gewesen. Auch wenn die Subspezialisierung eine Herausforderung gewesen ist“, sagt Sadiku. Es ist sein grosses Glück, dass er von Dr. Holthaus lernen konnte. „Nach der Spezialisierung und Subspezialisierung kehrte ich gerne zurück nach Kosova, um hier die besten und neuesten Techniken und Methoden der minimalinvasiven Chirurgie zu praktizieren. Es gibt hier ein Defizit diesbezüglich“, erzählt Sadiku, der schon in einer gynäkologischen Praxis in Prishtina praktiziert. Auch führt er dort minimalinvasive chirurgische Eingriffe durch. „Für die Patienten ist es wichtig, dass wir Ihnen nun die Betreuung geben können, die wir auch unseren Patienten in Deutschland angeboten haben. Es gibt absolut keinen Unterschied“, sagt Dr. Sadiku. Eins hat ihm geholfen, sich in Kosova schnell wieder anzupassen. „Ich habe mich nie wie im Ausland gefühlt, sondern wie im meinem eigenen Land. Doch hier erwartet man von mir die Veränderung und die Verbesserung, die das Land braucht.  Und dies habe ich hierher gebracht“.

Sein Team in Prishtina ist sehr klein. „Als Volk könnten wir etwas mehr Selbstkritik ertragen. Doch das Team, mit dem ich zusammenarbeite, hat sich den hohen Arbeitsstandards angepasst, die für alle gelten“.

Live-OP vor 1500 Kollegen

Für den Spezialisten ist es allerdings kein Problem auch mit einem viel grösseren Team zu arbeiten. Wichtig ist die Einhaltung der hohen professionellen Standards der Arbeit, die für die minimalinvasive Chirurgie in der Gynäkologie gelten. Im Jahr 2013 hat Dr. Sadiku eine Live-OP vor einem Online-Publikum von 1500 Spezialisten der Gynäkologie durchgeführt. „Es war für mich ein besonderes Gefühl, eine OP vor den Augen von Tausenden Kollegen, die online zugeschaut haben, durchzuführen“, erzählt Dr. Sadiku und zeigt auf das Zertifikat, das er als Beweis für den erfolgreich durchgeführten Eingriff erhalten hat.

73% der kosovarischen Ärzte wollen auswandern!  

Xhemajl Selmani, Vorsitzender der Gewerkschaft des medizinischen Personals der Uniklinik Prishtina bestätigt für albinfo.ch die interne Umfrage unter 1000 Mitgliedern, wonach 73% der Befragten auswandern wollen. Das Durchschnittsalter der Ärzte in Kosova liegt bei 50 Jahren. Die Probleme bei der ärztlichen Vorsorge werde man erst in 10 Jahren sehen, wenn der Grossteil der Ärzte in Rente geht, während die jungen Ärzte keine Perspektive in Kosova sehen. Besonders in der Anästhesiologie ist die Lage sehr kritisch. Nehat Baftiu, Direktor des Instituts für Anästhesiologie an der Uniklinik Prishtina bestätigt für albinfo.ch, dass seit 2015 fünf Spezialisten ausgewandert sind. Übrigens sind 82 Spezialisten verschiedener medizinischer Berufe zur Zeit in Kosova arbeitslos.