Integration
Von Gjilan in die Schweiz: Mein Weg zur Lehrerin
Shqipe Isufi teilt ihre bewegende Lebensgeschichte von den Wirren des Kosovo-Kriegs bis hin zur Anerkennung als Lehrerin in der Schweiz und betont die Bedeutung der Muttersprache im Kontext des neuen Schuljahres 2024/2025 und am Beispiel ihrer eigenen Schulbiografie.
Wie haben Sie Ihren beruflichen Werdegang gestaltet?
Shqipe Isufi: Mein Weg zur Lehrerin begann im Kosovo, wo ich als älteste von fünf Geschwistern die Grundschule, das Gymnasium und schliesslich die Fakultät für Bildungswissenschaften in Gjilan besuchte. Doch damals zwang uns der Krieg 1999 zur Flucht nach Nordmazedonien, von dort nach Tschechien und schliesslich in die Schweiz. Doch als die NATO-Truppen den Kosovo befreiten, entschied meine Mutter, dass wir zurückkehren, um unsere Ausbildung in unserer Muttersprache fortzusetzen.
Nach meinem Studium in Gjilan lernte ich meinen Mann kennen, zog nach Deutschland und begann dort als Verkäuferin zu arbeiten, da mir die sprachlichen Anforderungen den Lehrerberuf verwehrten. 2012 zogen wir in die Schweiz, wo ich Deutsch lernte und schliesslich mein Diplom als Primarlehrerin anerkannt bekam. Schliesslich begann ich 2013 in einer Regelschule zu unterrichten.
Diese Erfahrungen haben mir die Bedeutung von Sprache und Bildung klar gemacht – vor allem die der eigenen Muttersprache, die in meiner Schulbiografie und heute bei der Erziehung meiner eigenen Kinder als Mutter eine zentrale Rolle spielen.
Welche Bedeutung hat die Muttersprache in Ihrer Arbeit und im Familienleben?
Shqipe Isufi: Die Muttersprache spielt eine zentrale Rolle in meiner Arbeit als Lehrerin und in meinem Familienleben. Ich bin überzeugt, dass die Beherrschung der Muttersprache die Basis für die gesamte Bildung und persönliche Entwicklung eines Kindes ist. Als junge Mutter habe ich zunächst versucht, meinem Kind sowohl Albanisch als auch Deutsch beizubringen. Doch mit der Zeit merkte ich, dass dies zu sprachlichen Schwierigkeiten führte. Daraufhin entschied ich mich, nur in der Muttersprache zu kommunizieren. Heute rate ich allen Eltern, mit ihren Kindern in der Muttersprache zu sprechen, denn das hilft ihnen nicht nur, sich besser auszudrücken, sondern fördert auch ihre emotionale und soziale Entwicklung. Eine Mutter kann ihre Liebe zu ihrem Kind am besten in der Sprache ausdrücken, in der sie sich selbst am wohlsten und am sichersten fühlt.
Gibt es etwas, was sie besonders mit unseren Leser:innen für dieses Schuljahr 2024/2025 teilen möchten?
Shqipe Isufi: Zum neuen Schuljahr möchte ich die Eltern ermutigen, aktiv Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und ihre Bildung zu unterstützen. Vorlesen ist eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, um Kindern Nähe und Geborgenheit zu vermitteln. Geschichten fördern ihre Fantasie, Kreativität und Empathie. Besonders wichtig ist es, dass Eltern ihren Kindern Sicherheit und Vertrauen schenken, selbst wenn Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Nehmen Sie sich Zeit, sprechen Sie über den Schulalltag und unterstützen Sie Ihr Kind, indem Sie zum Beispiel das Schulhaus gemeinsam zeichnen und dabei spielerisch ins Gespräch kommen.
Welche Ratschläge möchten Sie den Eltern als angehende Heilpädagogin mit auf den Weg geben?
Shqipe Isufi:Als angehende Heilpädagogin appelliere ich an alle Eltern, die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften zu suchen und bei besonderen Bedürfnissen ihrer Kinder nicht zu zögern, Hilfe anzunehmen. Kleine und kontinuierliche Schritte führen zum Erfolg. Meine Muttersprache und die meiner Kinder sind ein wertvolles Erbe, das ich heute mit Stolz weitergebe.
Mein Zitat:
„Jeden Tag kämpfen wir dafür, dass morgen besser ist als heute. Mit Liebe, Wille und Positivität können wir viel erreichen. Diese Kräfte sind die beste Medizin für die Seele – und sie sind ein Geschenk Gottes, das in uns allen steckt.“
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