Integration
Der lange Weg zur Anwältin
Die gebürtige Tetovarin Nexhmije Sulejmani erzählt im Interview mit albinfo.ch, wie man es mit ganz viel Wille und Fleiss vom Lehrabschluss zum Anwaltspatent schafft

„Weisch, Albaner legen halt keinen Wert auf die Bildung ihrer Töchter“, sagte ein alter Mann zu einem anderen alten Mann im Migros-Restaurant. Auf so eine Aussage argumentativ zu reagieren, würde eventuell die Geister der zwei stammtischdiskutierenden Herren erhellen, bliebe jedoch einer breiteren Öffentlichkeit weiterhin verborgen. Deshalb hat sich albinfo.ch zur Aufgabe gemacht, Vorurteilen jeglicher Art gegenüber unseren Landsleuten mit Porträts und Berichten über erfolgreich gesellschaftlich integrierte Frauen und Männer entgegenzuwirken.
Welcher propagierenden Feder das Bild der ungebildeten Albanerin entstammt, können wir nicht so leicht ausmachen. Was wir jedoch machen können, ist, dieses negative Bild bis ins Unkenntliche zu verwischen, um ein neues, zeitgemässes zu gestalten. Nach unzähligen Unternehmerinnen, Politikerinnen, Lehrerinnen und vielen mehr, stelle wir Ihnen dieses Mal eine Juristin und zukünftige Anwältin vor.
Auf Umwegen zum Anwaltspatent
Wer Anwältin werden möchte, geht ins Gymnasium, studiert Rechtswissenschaften, macht ein Praktikum, arbeitet als Juristin und absolviert schlussendlich die Anwaltsprüfung. Dass dieser Weg nicht immer gradlinig verlaufen muss, erzählt uns die Juristin Nexhmije Sulejmani im Interview.
Die 28-Jährige lebte bis zu ihrem siebten Lebensjahr mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in einem Dorf in der Nähe von Tetovo, bevor sie per Familiennachzug zu ihrem Vater in die Schweiz immigrierten. In Oberuzwil besuchte Nexhmije fortan die Primar- sowie Sekundarschule. Ende der Oberstufenzeit entschied sie sich für eine Lehre als Fachangestellte Gesundheit, diese jedoch samt Berufsmatura abzuschliessen. „Ich wusste damals schon, dass ich mich nach der Lehre weiterbilden möchte“, erzählt Nexhmije, „und dachte zunächst daran, Medizin studieren zu gehen, was ich im Verlauf der Ausbildung wieder verwarf.“
Für das Studium der Rechtswissenschaften entschloss sich die heutige Masterabsolventin, aufgrund der vielen beruflichen Möglichkeiten, die sich nach Abschluss bieten.
Mit einem Berufsmaturitätszeugnis hat man aber keine Zulassung für einen Studiengang an der Universität Zürich, weshalb sie vor Studienbeginn die gymnasiale Maturität nachholte. Als Fachangestellte Gesundheit arbeitete sie während ihres gesamten Studiums weiter.
Bildung schafft Unabhängigkeit
Zurzeit absolviert Nexhmije Sulejmani ein Praktikum als Rechtskonsulentin bei der Raiffeisen Schweiz in St.Gallen. „Wir machen Rechtsberatung für alle Raiffeisenbanken schweizweit. Ich arbeite auf Deutsch und Französisch. Es ist in diesem Beruf sehr wichtig, beide Landessprachen fehlerfrei zu beherrschen“, erklärt sie uns. Um die Voraussetzungen für das Anwaltspatent zu erreichen, strebt sie ein weiteres Praktikum am St.Galler Kantonsgericht an.
In Zukunft sieht sich die zielbewusste Juristin als Wirtschaftsanwältin in einem grösseren Unternehmen. Dafür hat sie sogar ein zusätzliches Semester an der Universität St.Gallen studiert.
„Als Frau ist es wichtig, gebildet zu sein, unabhängig zu sein, damit man sein Leben nach eigenen Vorstellungen führen kann“, sagt Nexhmije am Ende des Interviews und fügt damit dem neuen, zeitgemässen Bild der albanischen Frau den letzten Pinselstrich hinzu.
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