Integration

Soziale Sicherheit in der Migrationsgesellschaft Schweiz

Warum sind Migrantinnen und Migranten vermehrt von Armut, Prekarität oder Obdachlosigkeit betroffen? Dieser Frage widmet sich die neue Ausgabe der Zeitschrift terra cognita der Eidgenössischen Migrationskommission EKM.

In der Schweiz gibt es ein Sicherheitsnetz, das weitreichenden Schutz vor Armut bietet – auch dann, wenn Menschen krank werden, die Arbeit verlieren oder zu wenig verdienen, um davon leben zu können. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass nicht alle gleich gut geschützt sind. Bestimmte Bevölkerungsgruppen mit Migrationsbezug sind besonderen Armutsrisiken ausgesetzt: Working Poor, die trotz Vollzeitstellen im Niedriglohnsektor zu wenig verdienen, vorläufig aufgenommene Personen, die mit besonders tiefen Sozialhilfesätzen auskommen müssen, und Personen, die aus dem Asylsystem ausgeschieden sind. Auch Selbstständige ohne Schweizer Pass, die mit Kleinstunternehmen ganz ohne Sicherheitsnetz arbeiten, gehören dazu, ebenso wie Sans-Papiers oder Obdachlose, die durch alle Maschen fallen.

Menschen ohne Schweizer Pass sind in ihrer Existenz zudem doppelt gefährdet. Denn wenn sie nicht mehr aus eigener Kraft über die Runden kommen, und darum Sozialhilfe beziehen, müssen sie fürchten, dass ihre Aufenthaltsrechte zurückgestuft oder entzogen werden – wer arm wird, kann mit ausländerrechtlichen Konsequenzen gestraft werden. Viele fürchten darum den Verlust des Bleiberechts so sehr, dass sie sich nicht mehr an die Sozialbehörden wenden. Stattdessen verschulden sie sich, stehen bei Hilfsorganisationen und Kirchen für Essen an und sparen bei Grundbedürfnissen und Gesundheit.

Die zunehmende Verschränkung von Migrationspolitik und der Politik der sozialen Sicherheit beschäftigen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. Die aktuelle Ausgabe von terra cognita wirft einen Blick auf die vielfältigen praktischen, rechtlichen und politischen Fragen, die sich aus den jüngsten Entwicklungen und Debatten rund um soziale (Un)Sicherheit in der Migrationsgesellschaft Schweiz ergeben: Warum sind Migrantinnen und Migranten vermehrt von Armut betroffen? Wie wirkt sich Armut auf Kinder und ihre Zukunftsperspektiven aus? Hilft eine restriktive Migrationspolitik, anstehende Fragen des Sozialversicherungssystems zu beantworten, oder führt sie gerade dazu, dass grössere Kosten an einem anderen Ort entstehen? Welche Wege führen aus der sozialen Unsicherheit hinaus, für einzelne Betroffene, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes? Und wie kann gemeinsam mit den Betroffenen der Prekarisierung entgegengewirkt werden?

Die Beiträge werfen zudem grundsätzliche Fragen zum Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft Schweiz auf: Dürfen Menschen mit und solche ohne Schweizer Pass unterschiedlich behandelt werden, wenn es um den Schutz vor Armut geht? Erhalten nur Menschen mit guten Einkommen und gesuchtem Fachkräftepotenzial sichere Aufenthaltsrechte? Und darf Armut bestraft werden?

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