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Shpend Ahmeti: “Die Diaspora wird vernachlässigt”

Prishtinas Stadtpräsident Shpend Ahmeti sagte, als erstes müsse Kosova in die Diaspora investieren, worauf in umgekehrter Richtung Investitionen aus dem Ausland folgen würden

 Die kosovarische Diaspora wird von den einheimischen Behörden vernachlässigt, obwohl das Potential der Emigranten für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes mehr als notwendig ist. Dies erklärte Prishtinas Stadtpräsident Shpend Ahmeti in einem Interview mit albinfo.ch. Er öffnet der Emigrationsbevölkerung  die Türen für Investitionen in der von ihm geleiteten Gemeinde.
 
Ahmeti, der vor drei Monaten an die Spitze Prishtinas gewählt wurde, ist nicht nur der jüngste aller kosovarischen Gemeindepräsidenten, sondern er brachte auch frischen Wind in die Regierungsführung. Vor allem sieht Ahmeti die Diaspora als unumgängliches Potential, das für Kosovo notwendige Ressourcen berge. 
  
“Die Diaspora hat Erfahrung, ist ausgebildet und hat Ressourcen, die zu nutzen an uns ist. All jenen ausgebildeten Jungen, all jenen Berufsleuten, vor allem aber allen Landsleuten, die ihr Land lieben, müssen wir die Möglichkeit geben, dieses Wissen zu integrieren”, erklärte Ahmeti. 

Auf die Frage, wie Emigrierte dazu gebracht werden können, in die Gemeinde Prishtina investieren zu kommen, sagte er, dies werde mittels “Sauberkeit, Ordnung und Zusammenarbeit” bewerkstelligt.
Stadtpräsident Ahmeti versprach auch Erleichterungen für jene Emigranten, die in Prishtina investieren wollen. “Zuerst müssen wir in die Diaspora investieren, und danach folgen die  Investitionen in umgekehrter Richtung”, erklärte er.
Ahmeti ist der Ansicht, dass die Diaspora bis jetzt von den kosovarischen Behörden auf allen Ebenen vernachlässigt wurde.
 
“Jene Leute aus der Diaspora, die investiert hatten, kehren enttäuscht zurück. Wir brauchen Erfolgsbeispiele”, sagte er, und meint, nun werde es auch zu einem anderen Zugang im Verhältnis mit den Diasporaangehörigen kommen.
Ahmeti denkt, dass die Diaspora sowohl auf lokaler wie auf zentraler Ebene vertreten sein müsse. “Denn dass sie eine Vertretung braucht, ist unbestritten. Über die geeignetsten Formen der Vertretung hingegen haben wir noch keine klaren Optionen”, fügte er an.
Im Übrigen ist Prishtina zwar formal Kosovas Hauptstadt, rechtlich ist sie dies jedoch nicht.  Vor ein paar Jahren ging es um die Annahme eines Hauptstadtgesetzes, aber wegen politischer Trötzeleien zwischen der von der PDK geführten Regierung und der Gemeinde Prishtina, deren Geschicke zu jenem Zeitpunkt und bis 2013 von der LDK gelenkt wurden, kam das Gesetz nicht zustande.
 
Die Folgen davon spürt auch der neue Gemeindepräsident Shpend Ahmeti, der aus der Bewegung Vetëvendosje (deutsch: Selbstbestimmung) kommt, noch immer. Denn das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage hat auch Auswirkungen auf Budgetfragen. Mit dem neuen Gesetz hat Prishtina als Kosovos Hauptstadt Anspruch auf ein besonderes Budget.
Doch lässt sich Shpend Ahmeti, wie er sagt, durch diese Zänkereien zwischen politischen Führern und Gruppierungen nicht demotivieren, sondern diese beflügelten ihn im Gegenteil noch mehr darin, Prishtina korrekt und transparent zu regieren.
“Das sind langfristig keine ausreichenden Argumente. Sie sind lediglich ein Grund, um sich noch mehr Mühe zu geben, damit es uns gelingt, die Herrschaft des Rechts und die Entwicklung der Infrastruktur zu etablieren. Deshalb sind wir klar nicht zufrieden mit dem jetzigen Zustand, doch sehr optimistisch, was die Zukunft anbelangt”, erklärte Ahmeti.
Auf die Frage, ob es gelingen werde, die Gemeinde aus Unregelmässigkeiten und Vetternwirtschaft zu befreien, reagierte Ahmeti wie selbstverständlich mit Optimismus.
“Wir glauben ja. Es gibt viele Probleme, die wir lösen werden, doch wir werden sie auch mit der versprochenen radikalen Transparenz publik machen. Was die Unregelmässigkeiten angeht, haben wir die Unterstützung der Bevölkerung”, sagte er, und versprach auch jenen Emigranten, die in Prishtina  Häuser und Wohnungen haben, dass die Legalisierung jener Bauten, die legalisiert werden können, sehr bald beginnen werde.

“Den gesetzlichen Vorgaben entsprechend warten wir nun auf die Anweisung aus der Verwaltung, um den Legalisierungsprozess beginnen zu können”, sagte Ahmeti und liess der ausgewanderten Bevölkerung ausrichten, sich nicht von der derzeitigen Politik enttäuschen zu lassen und ihrem Heimatland den Rücken zu kehren, sondern sich vermehrt für Veränderungen einzusetzen. Ahmeti schloss mit den Worten: “Wir brauchen die Diaspora”.