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Leere Dörfer, leere Schulen – die Jungen wandern aus
Bis 2010 waren es 447‘000 Menschen, die Makedonien verlassen hatten, wie die Weltbank mitteilt. 21,9% der Bevölkerung Makedoniens leben im Ausland.

Über 3500 Einwohnerinnen und Einwohner des Dorfes Nerasht bei Tetova haben ihre Heimat verlassen. Sie beantragten die Niederlassung in den Staaten der EU und den USA. Die Schülerzahl ging ausserordentlich stark zurück. Im Schuljahr 2013/ 2014 waren 245 Schüler registriert, während es im Schuljahr 2005/ 2006 noch 450 Kinder waren. Die demographischen Verhältnisse von Nerasht und der Gemeinde Tearcë veränderten sich zum Schlechten. Hunderte von jungen Menschen verlassen Nerasht und die umliegenden Dörfer. Das Dorf Nerasht gilt als ein klassisches Beispiel der Massenauswanderung nach Westeuropa. Die Zahl der in den Schulen gemeldeten über sechsjährigen Kinder ist einer der Indikatoren, der zeigt, wie Nerasht unter der Auswanderung leidet.
„Ich persönlich kenne ungefähr 1300 Personen, die allein nach Dänemark emigrierten“, sagt ein Bewohner des Dorfes. „Die Anzahl der Menschen, die das Dorf verlassen, ist erschreckend hoch“, sagt der Einwohner, äusserst besorgt über die Zukunft des Dorfes, doch auch der Gegend allgemein. Laut lokalen Organisationen betrage die Zahl der Ausgewanderten aus diesem Dorf der Ebene über 3500, schreibt inbox7. Die Mehrheit ist in den 1970er-Jahren ausgewandert, mit dem Traum, nur vorübergehend im Ausland zu leben, doch während der letzten drei Jahrzehnte begann die zweite Auswanderungswelle, und diese konnte nicht verhindert werden. Die leeren Strassen füllen sich im Sommer, wenn die Emigranten für die Ferien ins Dorf zurückkehren. Einige beantragten die Vereinigung mit den schon früher ausgewanderten Familien, und andere die Niederlassung. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Geburtenrate der Bevölkerung in der Gemeinde und den Dörfern abnimmt.
In den letzten zehn Jahren hat sich die Bevölkerung dieses Dorfes sozusagen halbiert. Fadil Lushi, pädagogischer Berater an der regionalen Direktion für Entwicklung und Bildung in Tetovo, sagt: „Die Zahl der Schüler in diesem Dorf wird jedes Jahr kleiner.“ Nach offiziellen Angaben zählte die Primarschule von Nerasht 2010 im Ganzen 321 Schülerinnen und Schüler, während sie im Schuljahr 2013/ 2014 nur noch 245 zählt. Dieser Rückgang ist katastrophal.
Wie wenig Menschen das Dorf bewohnten, vermittelte einen traurigen Eindruck. Neunjährige Kinder hüpften, andere rannten herum auf dem alten Schulhof. Untereinander verständigten sie sich manchmal auf Englisch. Vielleicht bereiten sich auch diese Kinder, in einem nicht allzu idealen Umfeld, auf ihre Zukunft vor, die viele Dilemmas in sich birgt. „Ich begann schon vor drei Jahren mit Englischlernen“, sagt eine kleine Zehnjährige. Die düstere Perspektive der Einwohner dieses Dorfes und die Tendenz, die Heimat definitiv zu verlassen, finden wir auch in den andern Dörfern der Gemeinde Tearcë. Rahim Husejni sagt: „Viele Junge von Makedonien sehen die Emigration in die Fremde als Ausweg und Perspektive.“ Husejni, Journalist und Bewohner von Nerasht, sagt, es seien in erster Linie wirtschaftliche Gründe, weshalb die hiesigen Jungen in Massen weggingen.
„Alle gehen weg auf der Suche nach einer besseren wirtschaftlichen Perspektive, die es ihnen ermöglicht, das zu tun, was sie möchten.“ Und so gehe es nicht nur den Jungen in Nerasht, sondern vielen Jungen aus Makedonien.
Die Schuld für diese Massenauswanderung wird den Behörden gegeben, die nichts dagegen unternehmen. Dass die Jugend das Dorf Nerasht verlässt, hat sozioökonomische Ursachen. Sie könnten ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse im Land ihrer Geburt nicht befriedigen, sagen einige Bewohner des Dorfes. „Dieser Prozess findet schon seit Jahren statt. Und er geht immer weiter, nur heute noch intensiver“, sagt der Nerashter Dorfbewohner Tefik Mustafi gegenüber inbox7.
«Solange der Staat keine sozialpolitischen Massnahmen ergreift, wird die Abwanderung weiterandauern.“ Die Jugend werde weiterhin ihre Hoffnung auf die Auswanderung setzen. „Investitionen sind der einzige Weg, diese Not abzuwenden“, sagt Tefik Mustafi. Husejni seinerseits sagt, der Staat müsse konkrete politische Massnahmen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze formulieren und so die Emigration der Jugendlichen, der von diesen Verhältnissen am meisten Betroffenen, verhindern. Er fügte hinzu: „Wir schenken den europäischen Ländern unsere Kapazitäten ganz umsonst.“
Gemäss Berichten der Weltbank befindet sich Makedonien auf Platz 23 der Gruppe der 25 Länder mit der stärksten Emigration.
Die Weltbank teilte mit, dass bis 2010 insgesamt 447’000 Menschen Makedonien verliessen. Nach diesen Statistiken leben 21,9% der makedonischen Bevölkerung im Ausland. Leider ist die Situation auch im Osten Makedoniens nicht besser. Gemäss einer Studie beträgt die Zahl der Menschen, die das Land dort jährlich verlassen, 3000 – 5000, und das allein aus den Städten Vinica, Koçan, Kamenica und Delçeva. Die Weltbank stellte weiter fest, dass die Menschen aus Makedonien am meisten Richtung Italien, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Slowenien, Kroatien, Frankreich, Kanada und Australien auswandern.
Fadil Lushi: Wegen der Emigration sinkt die Schülerzahl in praktisch allen Schulen
Zurück im Dorf, hat sich nichts verändert. Das eigentliche Leben des Dorfes findet anderswo statt, in den Staaten Europas. Die in der Zeit des Sozialismus produzierten Maschinen machen den Anblick der dörflichen Landschaft noch trister, während die Häuser westlichen Typs, von Emigranten beidseits der Hauptstrasse erbaut, einen unbewohnten Eindruck hinterlassen. Die Dörfer der Gemeinde Tearcë erleiden einen dramatischen Rückgang der Schülerzahlen und eine dauerhafte, massive Abwanderung der Bevölkerung in die westliche Welt.
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